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Anschlag von Solingen befeuert Debatte um Polizeibefugnisse und Migrationspolitik
Der mutmaßlich islamistisch motivierte Messeranschlag in Solingen mit drei Toten hat die Debatten um Verschärfungen des Waffenrechts und den künftigen Kurs in der Migrationspolitik befeuert - und das eine Woche vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen. So sprach sich die Union am Sonntag dafür aus, der Polizei anlasslose Messerkontrollen zu ermöglichen und forderte zudem eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte eine Bekämpfung des Islamismus "mit aller notwendigen Härte" an.
Am Samstagabend - einen Tag nach dem Anschlag mit drei Toten und acht Verletzten - hatte die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat die Tat für sich beansprucht. Kurz danach stellte sich ein 26-jähriger Syrer den Behörden. Dieser lebt Medienberichten zufolge seit zwei Jahren in Deutschland und hätte im vergangenen Jahr abgeschoben werden sollen. Der Generalbundesanwalt ermittelt, ein Haftbefehl wurde am Sonntag erlassen.
CDU-Chef Friedrich Merz nahm den Anschlag und die bisherigen Ermittlungsergebnisse zum Anlass für einen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Darin forderte er die Bundesregierung zu einer Kehrtwende in der Migrationspolitik auf. "Nicht die Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen", schrieb Merz in der E-Mail, die der Nachrichtenagentur AFP vorlag. "In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge, in der Mehrzahl der Taten stehen islamistische Motive dahinter", schrieb Merz weiter.
SPD-Chef Lars Klingbeil forderte ein Maßnahmenpaket gegen islamistischen Terrorismus. "Wir erleben immer wieder, dass sich Täter über wenige Monate im Internet radikalisieren", sagte Klingbeil den Funke-Zeitungen. AfD-Chefin Alice Weidel schrieb bei X, das Problem müsse "an den Wurzeln gepackt werden". Nötig sei eine "Migrationswende sofort".
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte in Flensburg mit Blick auf die Migrationsdebatte: "Für Mörder, Terroristen und Islamisten kann es keine Toleranz geben." Handle es sich etwa um Asylsuchende, hätten diese damit in Deutschland "den Schutzanspruch verloren".
Habeck forderte auch eine Verschärfung des Waffenrechts. Es müsse "mehr Waffenverbotszonen und strengere Waffengesetze" geben. "Niemand muss im öffentlichen Räumen in Deutschland Stich- oder Hiebwaffen tragen", sagte der Grünen-Politiker. "Wir leben nicht mehr im Mittelalter."
Auch CSU-Chef Markus Söder sieht Defizite bei den Behördenbefugnissen. "Wir haben nicht die richtigen Instrumente, um gegen Gewalt und auf Gewalt zu reagieren", sagte er in der ARD. "Beim Auto werden Sie nämlich kontrolliert, anlasslos geht das. Bei Fußgängerzonen nicht."
Innenministerin Faeser kündigte an, der Staat werde "die islamistische Bedrohung konsequent bekämpfen". "Wir beraten intensiv, welche Instrumente wir zur Bekämpfung von Terror und Gewalt weiter schärfen müssen und welche Befugnisse unsere Sicherheitsbehörden in diesen Zeiten brauchen, um unsere Bevölkerung bestmöglich zu schützen."
Faeser hatte bereits vor dem Anschlag in Solingen einen Gesetzesvorschlag zur Ausweitung von Messerverboten angekündigt. Geplant war, weitere Messertypen zu verbieten, mehr Waffen- und Messerverbotszonen einzuführen und der Polizei mehr Kontrollen zu ermöglichen.
Bisher positionierte sich vor allem die FDP in der Koalition dazu kritisch. Nun deutete FDP-Justizminister Marco Buschmann Zustimmung an. "Nach Solingen müssen alle Themen auf den Tisch: Dabei ist das Waffengesetz kein Tabu", schrieb Buschmann am Sonntag bei X.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier befürwortete einen besseren Schutz vor Angriffen. Im ZDF forderte er mehr Personal für die Sicherheitsbehörden, bei terroristischer Gefahr sei aber auch eine Ausweitung der Befugnisse etwa des Bundeskriminalamts denkbar.
Die Debatten über die Lehren aus dem Anschlag wurden auch vor dem Hintergrund der Landtagswahlen am kommenden Sonntag in Thüringen und Sachsen geführt. Einer Insa-Umfrage für die "Bild am Sonntag" zufolge könnte die AfD in beiden Bundesländern stärkste Kraft werden. In Sachsen kommt sie demnach auf 32 Prozent, in Thüringen lag sie bei 30 Prozent.
Der Bundespräsident rief nun zum gesellschaftlichen Zusammenhalt auf. "Es kommt jetzt darauf an, dass wir uns in Deutschland nicht auseinander dividieren und spalten lassen", sagte Steinmeier. "Wir dürfen Hass und Hetze, wie sie jetzt von einigen geäußert werden, keinen Raum geben."
N.Walker--AT