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Keine rasche Deeskalation im Ukraine-Krieg in Sicht
Im Ukraine-Krieg zeichnet sich keine rasche Deeskalation ab. Unterhändler Kiews und Moskaus kehrten am Montag nach einer ersten Verhandlungsrunde in Belarus zu Konsultationen in ihre Länder zurück. Während der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj einen "sofortigen Waffenstillstand" und einen Abzug der russischen Truppen aus seinem Land verlangte, bekräftigte Kreml-Chef Wladimir Putin seine Forderung nach einer "Entmilitarisierung und Entnazifizierung" der Ukraine. Westliche Staaten prangerten Angriffe Russlands auf Zivilisten in der Ukraine an.
Eine Einigung in dem Konflikt sei nur möglich, "wenn Russlands legitime Sicherheitsinteressen bedingungslos" akzeptiert würden, sagte Putin nach Kreml-Angaben in einem Telefonat mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. Dazu zählten die "Anerkennung der russischen Souveränität über die Krim, die Entmilitarisierung und Entnazifizierung des ukrainischen Staates und die Sicherstellung seines neutralen Status".
Putin hatte den russischen Angriffskrieg in der Ukraine bereits in der vergangenen Woche damit begründet, dass das Land von "Neonazis" regiert werde, von denen die Bevölkerung "befreit" werden müsse. Die demokratisch gewählte Regierung in Kiew unter dem jüdischen Präsidenten Selenskyj sowie die gesamte westliche Staatengemeinschaft wiesen dies als Propaganda zurück.
Erstmals seit Beginn der russischen Invasion trafen sich in der belarussischen Grenzregion Gomel am Montag Verhandlungsteams Kiews und Moskaus. Unterhändler beider Seiten teilten nach Abschluss der Gespräche mit, es sei eine zweite Verhandlungsrunde vereinbart worden.
Der Kreml hatte eine Abordnung aus der zweiten Reihe zu den Gesprächen nach Belarus geschickt; für die Ukraine nahmen neben Präsidentenberater Mychailo Podoljak Verteidigungsminister Oleksij Resnikow und Vize-Außenminister Mykola Totschyzkyi teil.
Beobachter gingen von einem Abschmettern der ukrainischen Forderungen durch die russische Delegation aus. Er glaube "nicht allzu sehr an ein Ergebnis", sagte im Vorfeld auch Selenskyj, der gleichwohl hinzufügte: Man müsse es "versuchen".
Die Bundesregierung begrüßte "grundsätzlich" das Treffen. Es sei aber klar, "dass das sehr schwierige Gespräche sein werden und sich hinziehen könnten", sagte ein Sprecher.
In der Ukraine gingen die russischen Angriffe trotz der Verhandlungen weiter. Mindestens elf tote Zivilisten und dutzende Verletzte wurden aus Charkiw gemeldet. Der Gouverneur der nahe der russischen Grenze gelegenen Millionenstadt, Oleg Sinegubow, warf Russland "Kriegsverbrechen" vor. Die russische Armee attackiere Wohngebiete, Zivilisten würden getötet, während sie in die Apotheke gingen oder Lebensmittel besorgten. Charkiws Bürgermeister Ihor Terechow sagte dem "Spiegel", Russland führe einen "Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevölkerung".
Großbritanniens Premierminister Boris Johnson bezichtigte Russland "barbarischer" Luftangriffe gegen "unschuldige Zivilisten" in der Ukraine. "Immer unerbittlichere" Angriffe Russlands prangerte auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell an. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beschuldigte Russland, in der Ukraine international geächtete Streumunition einzusetzen.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte in einer Pressekonferenz behauptet, "nationalistische ukrainische Gruppen" versuchten, "die Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde" zu benutzen. Die Ukraine wies dies zurück.
Macron sagte nach Angaben des Elysée-Palastes nach seinem Telefonat mit Putin, der russische Präsident habe seinen "Willen bekräftigt", sich für ein Ende der Angriffe auf Zivilisten in der Ukraine "zu engagieren". Macron telefonierte demnach am Montag auch mehrfach mit Selenskyj.
Der ukrainische Präsident forderte seinerseits erneut eine rasche Aufnahme seines Landes in die EU. EU-Ratspräsident Charles Michel äußerte sich zurückhaltend zu diesem Thema. Hinsichtlich der "EU-Erweiterung" gebe es unterschiedliche Meinungen unter den 27 Mitgliedstaaten.
Die EU hatte am Wochenende Militärhilfen in Höhe von 450 Millionen Euro für die Ukraine angekündigt. Zusätzliche Unterstützung kündigten auch Deutschland, das nun ebenfalls Waffen in die Ukraine liefern will, und weitere Staaten an. Gegen Russland verhängte der Westen drastische Wirtschafts- und Finanzsanktionen, auf die Moskau bereits mit Vergeltungsmaßnahmen wie einer Luftraum-Sperrung für westliche Fluggesellschaften reagierte. Putin versetzte zudem die russischen Atomstreitkräfte in erhöhte Alarmbereitschaft, was vom Westen scharf verurteilt wurde.
Am Montag schloss sich auch die Schweiz den EU-Sanktionen gegen Russland an. Unter anderem würden russische Vermögenswerte in dem Land eingefroren, sagte der Schweizer Bundespräsident Ignazio Cassis.
Wegen des Krieges in der Ukraine befinden sich nach UN-Angaben hunderttausende Menschen auf der Flucht. Mehr als eine halbe Million Menschen seien bereits in Nachbarländer wie Polen geflohen, erklärte UN-Flüchtingskommissar Filippo Grandi am Montag.
A.Anderson--AT