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Russische Armee bombardiert Charkiw und meldet Einnahme von Hafenstadt Cherson
Russland hat seine Angriffe auf mehrere ukrainische Städte am Mittwoch mit unverminderter Härte fortgesetzt - und zugleich seine Bereitschaft zu neuen Gesprächen mit der Ukraine signalisiert. Bei der Bombardierung der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw wurden mindestens vier Menschen getötet, wie die örtlichen Rettungskräfte mitteilten. Die russische Armee meldete die Einnahme der südlichen Hafenstadt Cherson. Während der Kreml Verhandlungen für Mittwochabend vorschlug, warf der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Russland vor, sein Land "auslöschen" zu wollen.
Am siebten Tag der Invasion landeten russische Luftlandetruppen in Charkiw, wie die ukrainische Armee am Morgen mitteilte. "Es findet ein Kampf zwischen den Invasoren und den Ukrainern statt", hieß es. Inmitten der anhaltenden Luftangriffe sei auch ein Krankenhaus in der Stadt attackiert worden.
Bei den Bombardements wurden nach Angaben von Rettungskräften mindestens vier Menschen getötet, neun weitere wurden bei den Angriffen auf den Sitz der Sicherheitsdienste und eine Universität verletzt.
Am Dienstag waren bei Angriffen auf die 1,4-Millionen-Einwohner-Stadt im Nordosten des Landes bereits 21 Menschen getötet worden. Insgesamt wurden nach Angaben der Ukraine seit Beginn des russischen Großangriffs am 24. Februar mehr als 350 Zivilisten getötet, unter ihnen 14 Kinder. Der UNO zufolge flohen 836.000 Menschen vor den Kämpfen außer Landes.
Am Mittwoch nahm die russische Armee nach eigenen Angaben die Schwarzmeer-Stadt Cherson im Süden der Ukraine ein. "Einheiten der russischen Streitkräfte haben die Regionalhauptstadt Cherson vollständig unter ihre Kontrolle gebracht", sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow.
Chersons Bürgermeister Ihor Kolychajew hatte kurz zuvor noch gesagt, die Stadt sei trotz des Vormarsches der russischen Truppen weiterhin unter ukrainischer Kontrolle. Auch die Hafenstadt Mariupol, in der durch russische Bombardements am Dienstag mehr als hundert Menschen verletzt wurden, war weiter umkämpft.
In der Hauptstadt Kiew herrschte am Mittwoch tagsüber zunächst relative Ruhe, nachdem am Vortag bei einem Luftangriff auf den Fernsehturm nach ukrainischen Angaben fünf Menschen getötet worden waren. Der Turm steht in der Nähe der Schlucht von Babyn Jar und der Gedenkstätte zur Erinnerung an ein dort von der Wehrmacht verübtes Massaker an jüdischen Ukrainern im Zweiten Weltkrieg.
Präsident Selenskyj warf Russland am Mittwoch vor, die Ukraine "auslöschen" zu wollen. Der Luftangriff nahe der Gedenkstätte zeige, dass "für viele Menschen in Russland unser Kiew völlig fremd ist", sagte der Staatschef in einer Videobotschaft.
"Sie wissen nichts über unsere Hauptstadt. Über unsere Geschichte. Aber sie haben den Befehl, unsere Geschichte auszulöschen. Unser Land auszulöschen. Uns alle auszulöschen." Selenskyj, der selbst Jude ist, rief Juden in aller Welt auf, ihre Stimme zu erheben.
Russland erklärte sich derweil zu erneuten Verhandlungen mit der Ukraine am Mittwochabend bereit. "Unsere Delegation ist bereit, die Gespräche fortzusetzen", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. Die russische Abordnung werde "am frühen Abend vor Ort sein", sagte Peskow. Er hoffe, dass die ukrainischen Unterhändler ebenfalls erscheinen werden.
Eine erste Verhandlungsrunde in der belarussischen Grenzregion Gomel war am Montag ohne Ergebnisse geblieben. Nach Angaben des russischen Delegationsleiters Wladimir Medinski soll das zweite Treffen an der polnisch-belarussischen Grenze stattfinden. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sagte hingegen, es sei noch kein Termin für die neue Gesprächsrunde vereinbart worden.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich bei einem Besuch in Israel für eine sofortige Wiederaufnahme der Verhandlungen auf. "Es geht jetzt darum, dass die Diplomatie wieder eine sehr große Chance bekommt", sagte Scholz in Jerusalem.
"Jeder weitere Tag, an dem dieser Krieg fortgesetzt wird, wird zur Zerstörung nicht nur von Infrastrukturen sondern eben auch von Menschenleben, von Zivilisten, von Soldatinnen und Soldaten auf beiden Seiten" führen. Das müsse unbedingt verhindert werden, sagte der Kanzler. Israels Regierungschef Naftali Bennett forderte einen sofortigen Waffenstillstand.
W.Stewart--AT