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Moskau erhöht militärischen Druck auf Mariupol und Kiew
Im Ukraine-Krieg haben die russischen Streitkräfte im Süden des Landes ihre Belagerung der strategisch wichtigen Hafenstadt Mariupol fortgesetzt; im Norden rücken sie weiter auf Kiew vor. Die ukrainischen Behörden setzten am Samstag eine geplante Evakuierung Mariupols aus und beschuldigten Russland, die dafür vereinbarte Feuerpause nicht einzuhalten. In der Umgebung der Hauptstadt gab es derweil heftige Gefechte. Artillerie- und Raketenbeschuss sorgten in der nördlichen Stadt Tschernihiw für zahlreiche Tote und enorme Zerstörung.
Das russische Verteidigungsministerium hatte am Morgen eine Feuerpause für Mariupol und dessen nördliche Vorstadt Wolnowacha angekündigt, um Evakuierungen zu ermöglichen. Die Stadtverwaltung von Mariupol gab der Zivilbevölkerung zunächst grünes Licht zum Verlassen der Stadt, nahm dies jedoch später zurück. "Die russische Seite hält sich nicht an den Waffenstillstand und hat den Beschuss von Mariupol und Umgebung fortgesetzt", erklärte sie. Die Evakuierung werde aus Sicherheitsgründen verschoben.
Das am Asowschen Meer gelegene Mariupol mit knapp einer halben Million Einwohnern steht seit Tagen unter dem militärischen Druck der vorrückenden russischen Armee. Die angekündigte Evakuierung galt als Vorbote der Einnahme der Hafenstadt. Dies würde einen Zusammenschluss der russischen Truppen mit Einheiten aus der Krim und dem östlichen Donbass ermöglichen.
Beim Vormarsch auf Kiew trafen die russischen Truppen in westlichen Vororten und der nördlichen Stadt Tschernihiw weiter auf heftigen Widerstand. In Tschernihiw wurden dutzende Zivilisten durch Artillerie- und Raketenbeschuss getötet. "Überall auf dem Boden lagen Leichen", sagte der Anwohner Sergej zu AFP-Reporter vor Ort. Die Stadt bot ein Bild der Zerstörung.
Dennoch hat Moskau bei seiner mittlerweile zehntägigen Invasion bisher nur zwei wichtige Städte erobert: Berdjansk und Cherson an der südlichen Schwarzmeerküste. Nach russischen Angaben brachten die Streitkräfte der pro-russischen Separatisten zuletzt in der Ostukraine sechs Ortschaften in der Region Donezk unter ihre Kontrolle. Im Süden vorrückende russische Truppen nahmen demnach zehn Dörfer und Ortschaften ein. Die Eroberung von Mariupol wäre ein bedeutender Erfolg.
Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow räumte Gebietsverluste ein. Es sei aber weiterhin nur ein "kleiner Teil" des Landes unter russischer Kontrolle und ukrainische Kämpfer drängten "den Feind" zurück. Präsident Wolodymir Selenskyj kündigte einen Gegenangriff der ukrainischen Streitkräfte um Charkiw an. Die zweitgrößte Stadt des Landes war in den vergangenen Tagen Ziel heftiger Angriffe und Bombardierungen gewesen.
Angaben zu Opfern des Krieges sind bislang kaum zu überprüfen. Kiew spricht von mindestens 350 getöteten Zivilisten und mehr als 9000 getöteten russischen Soldaten, macht jedoch keine Angaben zu eigenen militärischen Verlusten. Moskau hat nach eigenen Angaben nur rund 500 Kämpfer verloren und 2870 ukrainische getötet. Laut der UNO haben mehr als 1,3 Millionen Menschen die Ukraine verlassen, der Großteil von ihn wird in den westlichen Nachbarländern und vor allem in Polen versorgt.
Laut Mychailo Podoljak, Berater des ukrainischen Präsidenten, könnte es noch am Wochenende eine dritte Verhandlungsrunde für einen umfassenden Waffenstillstand geben. Die Chancen auf Erfolg gelten jedoch als gering. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte die Umsetzung "aller russischen Forderungen" als Bedingung formuliert, darunter ein "neutraler" Status der Ukraine und deren "Entmilitarisierung". Kiew lehnt dies ab.
Putin warnte am Samstag den Westen davor, über der Ukraine eine Flugverbotszone einzurichten, die vom ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj gefordert wird. "Jede Bewegung in diese Richtung wird von uns als Beteiligung des jeweiligen Landes an dem bewaffneten Konflikt betrachtet", sagte Putin bei einem Treffen mit Mitarbeitern der russischen Airline Aeroflot. Diese stellt wegen der westlichen Sanktionen alle internationalen Flüge ein.
T.Sanchez--AT