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Immer mehr ukrainische Städte von Versorgung abgekoppelt
Angesichts des zunehmenden Leidens der Bevölkerung in der Ukraine verstärkt der Westen nochmals den Druck auf Russland. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj sprach am Freitag von einer "humanitären Katastrophe": In Kiew und anderen Städten gebe es keinen Strom, kein Gas, kein Wasser mehr. Die USA kündigten derweil neue Handelssanktionen gegen Russland an, die EU-Staats- und Regierungschefs berieten über zusätzliche Militärhilfen für die Ukraine.
Selenskyj appellierte in einer Videobotschaft eindringlich an die EU, mehr für sein Land zu tun. Russland wolle die Ukraine "zerstören" und ziehe dazu auch "syrische Mörder" heran, warnte er. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte zuvor den Einsatz von 16.000 "freiwilligen", hauptsächlich aus dem Nahen Osten stammenden Kämpfern in der Ukraine bewilligt.
Die russische Armee weitete ihre Offensive in der Ukraine zuletzt deutlich aus. Am Freitag griff sie erstmals seit ihrem Einmarsch am 24. Februar die zentralukrainische Industriestadt Dnipro an, mindestens ein Mensch starb. Nach Angaben der Rettungskräfte trafen die Luftangriffe mehrere zivile Gebäude, darunter einen Kindergarten und eine Schuhfabrik.
Besonders dramatisch ist die Lage im seit mehr als zehn Tagen von der russischen Armee eingekesselten Mariupol. Nach Angaben der örtlichen Behörden wurden seit der Belagerung mindestens 1500 Menschen getötet; das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) berichtete von katastrophalen Bedingungen für die noch rund 300.000 in der Stadt eingeschlossenen Zivilisten.
Inzwischen befinde sich auch die Hauptstadt im "Belagerungszustand", erklärte am Freitag der Präsidentenberater Mychailo Podoljak. Kiew sei "bereit zu kämpfen" und werde "standhaft bis zum Ende sein", twitterte er.
Die im Nordwesten gelegenen Vorstädte Kiews werden seit Tagen von schweren Luftangriffen erschüttert. Mittlerweile nähert sich die russische Armee der Hauptstadt aber auch von Nordosten her. Ukrainische Soldaten berichteten AFP-Reportern von heftigen Kämpfen um die Kontrolle der wichtigsten nach Kiew führenden Autobahn bei Welyka Dymerka.
Der ukrainische Generalstab warnte, die russische Armee versuche, die Verteidigung in den Regionen westlich und nordwestlich der Hauptstadt auszuschalten, um Kiew zu "blockieren". Angesichts der Zuspitzung der Kämpfe rund um Kiew kündigte Ankara eine Evakuierung seiner dortigen Botschaft an. Die Türkei hatte als eines der letzten Länder ihre Vertretung in der ukrainischen Hauptstadt noch nicht geräumt.
Zahlreiche Ukrainer befinden sich wegen des russischen Angriffskrieges auf der Flucht. Nach UN-Angaben flohen inzwischen 2,5 Millionen Menschen aus dem Land, hinzu kommen zwei Millionen Binnenflüchtlinge.
Die EU-Staats- und Regierungschefs berieten bei ihrem Gipfel auf Schloss Versailles über weitere Hilfen für die Ukraine. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schlug vor, die Militärhilfen für das Land auf eine Milliarde Euro zu verdoppeln. Dies stieß nach Angaben mehrerer Gipfelteilnehmer auf vorsichtige Zustimmung.
Gegenüber Russland plant der Westen derweil weitere Sanktionen. US-Präsident Biden kündigte an, die USA und ihre G7-Partner sowie die EU würden Russland den Status einer "meistbegünstigten Nation" entziehen. Ein solcher Schritt würde den Weg für Zollerhebungen und weitere Handelsbeschränkungen ebnen. Die USA kündigten zudem weitere Import- und Exportverbote im Handel mit Russland sowie mit Belarus an.
Die US-Regierung befürchtet, dass Russland die Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine massiv verstärken könnte - und dabei unter einem Vorwand möglicherweise sogar chemische oder biologische Waffen einsetzen könnte. Biden warnte Russland am Freitag eindringlich vor einem solchen Schritt. Zugleich bekräftigte der US-Präsident, dass die USA und ihre Nato-Partner "keinen Krieg gegen Russland in der Ukraine führen" würden. "Eine direkte Konfrontation zwischen der Nato und Russland ist der Dritte Weltkrieg", sagte er.
H.Gonzales--AT