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Vormarsch der russischen Truppen auf Kiew offenbar ins Stocken geraten
Russland trifft bei seinem Angriff auf die Ukraine weiter auf erbitterten Widerstand: Der Vormarsch der russischen Truppen auf Kiew ist offenbar ins Stocken geraten. Allerdings setzte Russland den Beschuss der ukrainischen Hauptstadt und anderer Städte am Montag fort. Bei einem Angriff auf ein Einkaufszentrum in Kiew wurden nach Behördenangaben mindestens acht Menschen getötet. Ein Ultimatum Russlands zur Kapitulation in der belagerten Hafenstadt Mariupol wie die Regierung in Kiew zurück.
"Es kann keine Rede davon sein, Waffen abzugeben", sagte Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk der Zeitung "Ukrainska Prawda" in der Nacht zum Montag. Moskau hatte den ukrainischen Streitkräften in Mariupol bis Montag 04.00 Uhr (MEZ) Zeit gegeben, sich zu ergeben. Sollte dies nicht erfolgen, würden die Verantwortlichen der Stadt vor ein russisches "Kriegsgericht" gestellt. In Mariupol sind fast 350.000 Menschen eingeschlossen.
Die ukrainische Vize-Regierungschefin Wereschtschuk bezeichnete die russische Ankündigung als "bewusste Manipulation" und "echte Geiselnahme". Mariupol ist die letzte große Hafenstadt am Asowschen Meer unter ukrainischer Kontrolle. Seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar wurden nach Angaben der ukrainischen Regierung mehr als 2100 Einwohner der Stadt getötet.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte das Vorgehen der russischen Streitkräfte am Montag scharf. "In Mariupol spielen sich massive Kriegsverbrechen ab", sagte Borrell in Brüssel. Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte die gezielten russischen Angriffe auf Zivilisten in Krankenhäusern und Theatern in der Ukraine "eindeutig Kriegsverbrechen". Der Sicherheitsberater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Ihor Schowkwa, sprach im ZDF von einem "Völkermord" in Mariupol.
Auch in anderen Landesteilen setzte die russische Armee ihre Attacken fort. Bei einem Angriff auf ein Einkaufszentrum in Kiew wurden nach Angaben der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft mindestens acht Menschen getötet. Nach Schilderungen eines Reporters der Nachrichtenagentur AFP lagen mehrere Leichen vor dem Einkaufszentrum Retroville im Nordwesten der Hauptstadt, während Rettungskräfte in den Trümmern nach weiteren Opfern suchten. Das zehnstöckige Gebäude war am späten Sonntagabend von einer gewaltigen Explosion erschüttert worden. Der gesamte südliche Teil des Einkaufszentrums wurde zerstört.
Nach Angaben des US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) erzielte die russische Armee am Sonntag keine größeren Geländegewinne. Es sei damit zu rechnen, dass sie rund um die Hauptstadt mehr Artillerie stationiere. Das britische Verteidigungsministerium berichtete, dass die russische Armee bei dem Versuch, Kiew einzukreisen, nordöstlich der Stadt "stecken geblieben" und von ukrainischen Truppen zurückgedrängt worden sei.
Westliche Staaten haben wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine harte Sanktionen gegen Moskau verhängt. Selenskyj rief die europäischen Staaten und insbesondere Deutschland nun auf, jeden "Handel" mit Russland und den Import von Energieträgern wie Erdöl und Erdgas zu beenden.
"Bitte finanzieren Sie nicht die Kriegswaffen dieses Landes", sagte der ukrainische Präsident in einer Video-Ansprache. "Keine Euro für die Besatzer." Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warnte, ein Öl-Embargo hätte "sehr schwere Folgen für den Weltölmarkt, verhängnisvolle Folgen für den europäischen Energiemarkt".
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba forderte derweil China auf, als Weltmacht eine "wichtige Rolle" bei den Bemühungen um eine Lösung des Konflikts zu spielen. Peking hat den russischen Angriff auf die Ukraine bislang nicht verurteilt und steht deswegen unter wachsendem Druck des Westens.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wollte am Montag erneut mit US-Präsident Joe Biden, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Boris Johnson und dem italienischen Regierungschef Mario Draghi in eine Schaltkonferenz über das Vorgehen gegen Russland beraten. Biden nimmt am Donnerstag an einem Nato-Gipfel und einem EU-Gipfel in Brüssel teil und will am Freitag nach Polen reisen.
Der US-Präsident hatte Putin am Mittwoch als "Kriegsverbrecher" bezeichnet. Als Reaktion darauf bestellte Russland am Montag den US-Botschafter in Moskau ein. Moskau warf Biden vor, die bilaterale Beziehungen "an den Rand eines Bruchs" gebracht zu haben.
Ch.P.Lewis--AT