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Rechtsruck in Frankreich: An neuer Regierung sind mehr Konservative beteiligt als zuvor
Frankreich hatte mehrheitlich links gewählt, bekommt nun aber eine stärker rechts geprägte Regierung als zuvor: Elf Wochen nach den vorgezogenen Parlamentswahlen hat Präsident Emmanuel Macron 39 Regierungsmitglieder ernannt, wie aus der am Samstagabend in Paris veröffentlichten Liste hervorgeht. Sechs Ministerinnen und Minister gehören dem konservativen Lager an, unter ihnen Innenminister Bruno Retailleau, bislang Fraktionschef der Republikaner im Senat.
Außenminister wird der bisherige Europaminister Jean-Noël Barrot. Der 41-Jährige ist ein Befürworter einer gemeinsamen Schuldenaufnahme in der EU. Der ihm beigeordnete Europaminister Benjamin Haddad ist künftig für die deutsch-französischen Beziehungen zuständig. Neuer Wirtschaftsminister wird der 33-jährige Antoine Armand, ein Vertrauter Macrons.
Das linke Lager, das bei der Wahl die relative Mehrheit erreicht hatte, ist nur mit einem einzigen Minister in der Regierung vertreten: Der frühere sozialistische Abgeordnete Didier Migaud, der zuletzt die Transparenzbehörde leitete, wurde zum Justizminister ernannt. Mehrere linke Politiker hatten Angebote des konservativen Premierministers Michel Barnier ausgeschlagen, weil sie dessen politische Linie ablehnen.
Verteidigungsminister Sébastien Lecornu und Kulturministerin Rachida Dati bleiben im Amt. Die ebenfalls zum konservativen Lager gehörende bisherige Arbeitsministerin Catherine Vautrin wird Ministerin für regionale Angelegenheiten.
Die Geschlechtergerechtigkeit ist mit je 20 Männern und Frauen inklusive des Premierministers den Zahlen nach gewahrt. Allerdings sind die einflussreichsten Ressorts von Männern besetzt. Mindestens drei der Regierungsmitglieder haben nordafrikanische Wurzeln, neben Dati auch der künftige Anti-Diskriminierungs-Staatssekretär Othman Nasrou.
Auffällig ist, dass keiner der potenziellen Präsidentschaftskandidaten an der Regierung beteiligt ist und mehrere politische Schwergewichte nicht mehr beteiligt sind. Dafür soll Barnier ausdrücklich gesorgt haben. Sowohl der bisherige Innenminister Gérald Darmanin als auch der bisherige Wirtschaftsminister Bruno Le Maire haben die Regierung verlassen. Der konservative Fraktionschef Laurent Wauquiez lehnte nach eigenen Angaben das Wirtschaftsministerium ab.
Die Opposition reagierte empört. Die neue Regierung sei "weit entfernt von dem Wunsch nach Veränderung", den die Wähler zum Ausdruck gebracht hatten, sagte die rechtspopulistische Fraktionschefin Marine Le Pen. "Diese Aufstellung ist weder rechtmäßig, noch erfolgversprechend. Wir werden sie schnellstmöglich abschaffen", sagte der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon. Der sozialistische Parteichef Olivier Faure meinte: "Eine reaktionäre Regierung, die der Demokratie den Stinkefinger zeigt."
Das neue Kabinett soll am Montagnachmittag zu seiner ersten Sitzung zusammentreten. Es wird erwartet, dass Barnier am 1. Oktober seine Regierungserklärung in der Nationalversammlung abgibt. Die Regierung müsste bis diesem Datum eigentlich auch den Haushaltsentwurf für 2025 vorlegen, so dass er bis zum Jahresende debattiert und verabschiedet werden kann.
Barnier hatte in den vergangenen Tagen betont, dass er keine generelle Steuererhöhung plane. Er hat bereits erkennen lassen, dass er sich Themen wie der Einwanderung und inneren Sicherheit annehmen will, die üblicherweise von den Rechtspopulisten besetzt werden.
Die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) hatte bei der vorgezogenen Parlamentswahl entgegen den Umfragen die relative Mehrheit verfehlt. Sie befindet sich nun in der Rolle der Königsmacherin, da das Überleben von Barniers Regierung nicht zuletzt davon abhängt, ob der RN Misstrauensvoten unterstützt oder nicht.
Angesichts der schwierigen Mehrheitsverhältnisse hatte sich die Regierungsbildung länger hingezogen als üblich. Barnier stritt mit Macron insbesondere über die Zahl der Regierungsposten für seine eigene Partei. Die Republikaner waren bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Juli lediglich auf 47 der 577 Abgeordneten gekommen.
Seit dem unklaren Ausgang der Wahl befindet sich Frankreich in einer der tiefsten Regierungskrisen der jüngeren Zeit. Die bisherige Regierung war seit mehr als zwei Monaten nur geschäftsführend im Amt. Die Nationalversammlung ist in drei verfeindete Blöcke gespalten: das linke Lager, das bisherige liberale Regierungslager und die Rechtspopulisten Le Pens.
J.Gomez--AT