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Grüne in der Krise: Parteivorsitzende und Vorstand erklären Rücktritt
Paukenschlag bei den Grünen: Die Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour und der gesamte Parteivorstand haben am Mittwoch geschlossen ihren Rücktritt erklärt. Nach einer Serie schwacher Wahlergebnisse befänden sich die Grünen "in der tiefsten Krise seit einer Dekade", sagte Nouripour in Berlin zur Begründung dieses drastischen Schrittes. Es brauche einen "Neustart", um die Partei aus dieser Krise herauszuführen.
Nötig seien nun "neue Gesichter", sagte auch Ko-Parteichefin Ricarda Lang. Die Wahl eines neuen Vorstands solle ein "Baustein sein für die strategische Neuaufstellung dieser Partei". Lang fügte hinzu: "Jetzt ist nicht die Zeit, um am Stuhl zu kleben - jetzt ist die Zeit, Verantwortung zu übernehmen." Die neue Spitze solle auf dem Parteitag im November gewählt werden; bis dahin bleibt der bisherige Vorstand im Amt.
Politikerinnen und Politiker der Grünen zollten den scheidenden Parteivorsitzenden großen Respekt. Die Koalitionspartner SPD und Grüne dankten ihnen für gute Zusammenarbeit. Die Opposition hingegen wertete den Schritt als Beleg für die Instabilität der Ampel-Koalition.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet durch den Rücktritt der Grünen-Spitze aber keine Folgen für die Ampel-Regierung. "Das hat keinerlei Auswirkungen auf die Koalition", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Der Kanzler habe mit Lang und Nouripour immer "eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet" und bedauere diesen Schritt.
Dem bisherigen Vorstand gehören neben Lang und Nouripour noch die stellvertretenden Parteivorsitzenden Pegah Edalatian und Heiko Knopf, Geschäftsführerin Emily Büning und Bundesschatzmeister Frederic Carpenter an. Lang und Nouripour hatten die Parteiführung Anfang 2022 von Annalena Baerbock und Robert Habeck nach deren Wechsel ins Kabinett übernommen. Im November 2023 bestätigte der Bundesparteitag sie an der Grünen-Spitze.
Lang und Nouripour verwiesen in ihren Rücktrittserklärungen auch auf das schwierige politische Umfeld, in dem starke Grüne nötig seien. "Die Bundestagswahl im nächsten Jahr ist nicht einfach irgendeine Wahl: Wir entscheiden darüber, wie sich Deutschland in Zukunft entwickelt", sagte Lang. In diesen Wettstreit müssten die Grünen "mit größtmöglicher Stärke" gehen.
Die Grünen hatten bei der Europawahl und bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg starke Einbußen hinnehmen müssen. In bundesweiten Umfragen hat die Partei seit dem Eintritt in die Ampel-Koalition Ende 2021 stark an Zuspruch eingebüßt. In der Koalition ist insbesondere die Zusammenarbeit von FDP und Grünen von Konflikten geprägt.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wertete den Rücktritt der Grünen-Parteiführung auch als Signal an die Bundesregierung. "Auch wir in der Regierung müssen uns fragen, wie wir besser werden können", sagte Baerbock in New York. Es gehe nun darum, "das Vertrauen der Menschen in die Politik zurück zu gewinnen".
FDP-Chef Christian Lindner verwies auf mögliche Auswirkungen auf die Koalition: "Wir sind gespannt, ob unter neuer Führung ein neuer Kurs entsteht und welche Auswirkungen er auf die Regierung hat", schrieb er auf X. Die Regierung müsse "zur Sacharbeit kommen", das Land habe "keine Zeit zu verlieren".
Die grünen Ko-Fraktionschefinnen Katharina Dröge und Britta Haßelmann dankten Lang und Nouripour für ihre Arbeit der vergangenen Jahre: "Wir haben großen Respekt vor Eurer Entscheidung und der des Bundesvorstands, die Partei für kommende Wahlkämpfe neu aufzustellen."
CSU-Chef Markus Söder forderte einen Rücktritt der Grünen-Minister Robert Habeck und Annalena Baerbock sowie Neuwahlen im Bund. Der Grünen-Vorstand sei ein "Bauernopfer", sagte Söder in Berlin. Der Vorgang zeige den Zustand der Ampelkoalition, die "in sich zerfällt". Eine Neuwahl sei "fällig", denn die Bundesregierung habe "keinen Saft" mehr.
Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte die Ampel-Regierung zu vorgezogenen Neuwahlen auf. "Noch ein Jahr 'Ampel' wird unser Land nicht verkraften", sagte Linnemann der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
AfD-Chefin Alice Weidel sah den Rücktritt als "Anfang vom Ende der 'Ampel'". Kanzler Scholz müsse nun "die Vertrauensfrage stellen". Deutschland brauche Neuwahlen.
R.Lee--AT