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Netzagentur und Habeck schließen Ausfall der russischen Gaslieferungen nicht aus
Netzagentur und Habeck schließen Ausfall der russischen Gaslieferungen nicht aus / Foto: John MACDOUGALL - AFP/Archiv

Netzagentur und Habeck schließen Ausfall der russischen Gaslieferungen nicht aus

Die Bundesnetzagentur und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schließen einen Totalausfall der russischen Gaslieferungen nicht aus. Habeck sprach am Wochenende von einem "Muster": Die Gasmenge sei immer wieder reduziert worden, zuletzt in der Pipeline Nord Stream 1 um 60 Prozent. Danach komme "logischerweise die nächste" Reduktion, sagte der Minister. Netzagentur-Chef Klaus Müller rief zu größeren Anstrengungen beim Energiesparen auf.

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Habeck sagte bei einer Veranstaltung der Wochenzeitung "Die Zeit" am Samstagabend, die Gasspeicher seien besser gefüllt, LNG-Terminals würden gebaut und die Bevölkerung habe Energie eingespart. Er warnte dennoch: Wenn Deutschland es nicht schaffe, die Speicher rechtzeitig weiter zu füllen oder Gas auf anderem Wege zu beschaffen, seien "sehr, sehr angespannte, gereizte Debatten" zu erwarten.

Netzagentur-Chef Müller sagte den Funke-Zeitungen vom Samstag, die Frage sei, ob aus der bevorstehenden regulären Wartung der Gaspipeline Nord Stream 1 durch Russland "eine länger andauernde politische Wartung wird". Die zwölf Wochen bis zum Beginn der Heizsaison müssten genutzt werden, um Vorbereitungen zu treffen.

Er appellierte an alle Haus- und Wohnungsbesitzer, ihre Gasbrennwertkessel und Heizkörper rasch zu überprüfen und effizient einstellen zu lassen. "Eine Wartung kann den Gasverbrauch um zehn bis 15 Prozent senken", sagte Behördenchef. "Das muss jetzt passieren und nicht erst im Herbst."

Habeck hatte am 23. Juni die zweite Krisenstufe im Notfallplan Gas, die sogenannte Alarmstufe, ausgerufen. Der staatliche russische Energiekonzern Gazprom drosselte die Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland bereits um 60 Prozent. Mitte Juli will Gazprom die Pipeline einer zehntägigen Wartung unterziehen. Was anschließend geschieht, ist offen.

Müller sagte, in einer Gasnotlage "können wir nicht jeden Betrieb als systemrelevant einstufen". Er fügte hinzu: "In kritischen Bereichen wie Teilen der Lebensmittel- und Pharmabranche müssen wir sehr vorsichtig sein. Dagegen wären Produkte und Angebote, die in den Freizeit- und Wohlfühlbereich fallen, eher nachrangig. Schwimmbäder gehören wohl nicht zum kritischen Bereich, genauso wie die Produktion von Schokoladenkeksen."

Mit Blick auf die Gaspreise sagte Müller: "Viele Verbraucher werden schockiert sein, wenn sie Post von ihrem Energieversorger bekommen." Es sei "eine Verdreifachung drin".

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) warnte davor, die drastischen Preisanstiege bei Gas unmittelbar an die Verbraucher weiterzugeben, und forderte Gesetzesänderungen. "Die Preissteigerungen sind für viele Menschen kaum noch zu schultern", sagte der Leiter des Teams Energie und Bauen beim vzbv, Thomas Engelke, der "Rheinischen Post".

Der Paragraf 24 des Energiesicherheitsgesetzes müsse dringend von der Bundesregierung überarbeitet werden, forderte Engelke. Ohne Änderungen "könnten die Energieanbieter bei Ausrufung der Gasmangellage durch die Bundesnetzagentur die teuren Börsengaspreise 1:1 an die privaten Haushalte durchreichen".

Habeck sagte dazu, der Paragraf sei nicht aktiviert worden, "weil das ein sehr, sehr scharfes Schwert ist". Er sei mit den Bundestagsfraktionen im Gespräch über eine Novellierung des Gesetzes. Der betreffende Paragraf würde bedeuten, dass Unternehmen Preise außerhalb der Vertragsbindung an die Kunden weitergeben könnten. "Das würde bedeuten, dass man für einige Stadtwerke sofort eine Preisexplosion haben würde."

Dieses Schwert sei noch nicht gezogen worden, "weil wir noch an anderen Möglichkeiten arbeiten, die vielleicht den Keil nicht so scharf in die Gesellschaft treiben", sagte der Wirtschaftsminister. Er fügte zugleich hinzu: "Aber ausschließen kann ich das auch nicht."

Ch.P.Lewis--AT